Lokaljournalismus ist die Königsdisziplin. Wie können Journalistinnen und Journalisten diese Position behaupten? Wie verändern sich Inhalte und Formen in der digitalen Welt? Fünf Thesen zum Lokaljournalismus und eine Einladung von Hendrik Brandt, Chefredakteur Sonderprojekte.
Morgen ein König – 5 Thesen zum Lokaljournalismus
1. Die Welt ist größer als die Zeitung
Aufmacher, Andruck und immer zu wenig Platz: Über Jahrzehnte haben Print-Parameter unseren Alltag dominiert. Und damit auch unsere journalistische Sicht auf die Welt. Diese Fesseln werden wir los. „Hat noch jemand eine Meldung?“ ist nicht die Frage der digitalen Kundschaft. Sondern: „Was will ich wissen?“ Da liegt unser Feld. Es ist weit und groß.
2. Wir lernen dazu
Relevant ist nicht immer, was wir dafür halten. Digitale Lokaljournalisten sind nicht Besserwisser, sondern aufgeklärte Informationsdienstleister. Wir werden künftig anhand vieler Zahlen sehen, wohin die User ziehen. Daher können wir sie klug begleiten und mit eigenen Ideen begeistern. Wir müssen nicht jeden Unsinn mitmachen, aber immer wieder etwas probieren.
Und: Wir sollten besser zuhören und schneller die richtigen Fragen stellen. Es geht da seltener um „Das weiß ich!“ und öfter um „Wie kann ich helfen?“. Das kostet (mehr) Zeit – die aber ist gut investiert. Weil unsere Arbeit den Menschen so etwas wert bleibt. Gern auch im Wortsinn.
3. Es geht um Journalismus, nicht um Technik
Ja, unser Beruf technisiert sich weiter. Da müssen wir durch. Tools werden kommen und gehen. Regelmäßige Termine wie Blutspende-Termine werden sich von Programmen bald schneller und fehlerfreier schreiben lassen als von Menschen. Und das ist gut! Denn: Wir haben Wichtigeres zu tun.
Lokaljournalismus definiert sich nicht durch Laptops oder irgendein System. Unser eigentliches Handwerkszeug sind solides Faktenwissen, Kontakte in allen Ecken und eine ordentliche Portion Empathie für meinen Ort, meine Stadt, für meine Leute.
Wir sind gute Zuhörer, wahren aber Distanz. Wir sind offen, aber unabhängig; wir sind fair, aber deutlich, klar und damit glaubwürdig. Das allein hält uns stark. Alles technische Drumherum ist selbstverständlich und lohnt keinen Streit.
4. Wir erobern eine neue Rolle
Je kleinteiliger die Welt wird, desto weniger bekommen wir sie vollständig zu fassen. Das macht nichts. Denn wir haben ja gelernt, zu sammeln, zu bewerten, einzuordnen. Wir kennen uns aus.
Lokaljournalisten müssen nicht mehr alles selbst machen, wir können in der digitalen Welt zu perfekten Moderatoren unserer örtlichen Gemeinschaften werden. Nicht Facebook oder Whatsapp, sondern unsere Kanäle wären dann die maßgebliche Plattform für Informationen und das sinnvolle öffentliche Gespräch. Wer könnte das besser als wir?
5. Wir haben nichts zu verlieren
Das Netz ist unendlich. Auch deshalb ist es kein Zuhause. Es lebt durch die Menschen, die Informationen, die Erlebnisse, die Geschichten, die sich dort finden. Wenn wir es richtig machen, lebt es für unsere Kunden durch uns. In jedem Landkreis, jedem Stadtteil, auf jedem Dorf. Und wir mittendrin.
Das waren fünf Thesen zum Lokaljournalismus. Es folgt noch eine Einladung.
Das ist (m)eine Sicht der Dinge. Was fehlt, was passt nicht? Herzlich willkommen in der Diskussion übers Lokale bei der MADSACK Mediengruppe! Ich freue mich über Rat, Widerspruch und weitere Ideen. Mich erreichen Sie unter brandt.hendrik@madsack.de oder als @heblog bei Twitter.
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Foto: Insa Cathérine Hagemann