120 Kilometer in 14 Tagen: Cosima Künzel, Redakteurin der Lübecker Nachrichten, erkundete im Sommer 2016 Lübecks Umland. Ihr Ziel: Menschen begegnen und eigene Grenzen kennenlernen.
120 Kilometer auf Trampelpfaden, durch Moorgebiete und Wälder
„Acht Uhr morgens: Schon wieder dicke Wolken am Himmel, der Rücken tut weh und alles scheint nicht machbar. Wie täglich mindestens zehn Kilometer wandern, alles aufschreiben, neu planen?“
Steinig begann im Juli 2016 das Projekt, das sich Cosima Künzel mit der Redaktionsleitung der Lübecker Nachrichten überlegt hatte: eine zweiwöchige Sommerserie mit dem Titel „Die Grenzgängerin“, Lübeck an seinem geografisch äußersten Rand erkunden und dabei auch dem ehemaligen innerdeutschen Grenzverlauf zu Mecklenburg folgen. 120 Kilometer auf Trampelpfaden, durch Moorgebiete, Wälder, Wiesen und Siedlungen – immer an der Lübecker Stadtgrenze entlang.
Drauflosgehen und sich überraschen lassen
„Welche Menschen leben hier? Ich wollte hören, was sie bewegt, was den Bürgern am Herzen liegt“, erklärt Künzel. Ein Treffen mit einer ortskundigen Landschaftsplanerin, die der Redakteurin vorab auf einer Karte Wege und Hürden aufzeichnete, sei Gold wert gewesen. Ansonsten lautete die Marschroute: drauflosgehen und sich überraschen lassen.
Mit im Gepäck: eine Kamera, ein Tablet, eine Wander-App. Die ersten Tage seien wirklich hart gewesen, auch wenn Künzel einige Tage vor Serienstart losgegangen war, um einige Inhalte vorzuproduzieren. Das Wandern schaffte die sportliche Redakteurin weitgehend schmerzfrei, der Zeitplan passte aber nicht: „Gehen, mit Menschen sprechen, ungeplante Umwege machen, fotografieren, schreiben, Bilder raussuchen und einpflegen, den nächsten Tag vorbereiten – das war am Anfang alles etwas viel.“
Starkregen in Groß Grönau
Zudem wartete am Ende jeder Etappe zu Hause die Familie. „Wenn jetzt der Bus kommt, dann nehme ich ihn. Was für eine blöde Idee“, ging ihr durchaus mal durch den Kopf, als zu Beginn ihrer Tour in Groß Grönau auch noch Starkregen einsetzte.
Zum Glück kam gerade kein Bus um die Ecke. Cosima Künzel fand ihren Rhythmus. Zwischen drei Etappen nahm sie sich eine Auszeit, „um alles aufzuarbeiten, zu schreiben und zu recherchieren“. Die Reaktionen gaben ihr zusätzlich Antrieb: „Ich bin nur freundlich begrüßt worden, im Laufe der Tour haben mich immer mehr Menschen erkannt – ah, Sie habe ich doch heute in der Zeitung gesehen!“
Ein Boot als Mitfahrgelegenheit
Die Hilfsbereitschaft sei überwältigend gewesen. So begleitete sie auf ihrer Route von Krummesee nach Moorgarten ein Landwirt, der ihr die günstigsten Pfade zeigte. Gerne denkt sie auch an die Kleingärtner in Teutendorf zurück, von denen sie reichhaltig beschenkt wurde: „Wollen Sie noch ein paar Kirschen mitnehmen?“
Mit einem fünf Kilo Eimer voller Sauerkirschen ging es für Cosima Künzel weiter. Und auf der letzten Etappe zurück zum Ausgangspunkt nach Schlutup organisierten Einwohner eine Mitfahrgelegenheit in einem Boot, das sie trocken über die Trave schipperte. „Ich habe in 15 Jahren als Redakteurin bei den Lübecker Nachrichten noch nie so viel Feedback von den Menschen bekommen. Einfach ein tolles Projekt.“
Weitere Eindrücke aus dem Lokaljournalismus der MADSACK Mediengruppe gibt hier im Blog.