Im mehrfach ausgezeichneten „Wasserstadt“-Blog erklären Volontäre der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, wie ein neues Wohnviertel entsteht. Für Redakteurin Linda Tonn bot dieses langfristige Projekt viele kreative Chancen in ihrem Volontariat.
Blog-Projekt „Wasserstadt“
Über 100 Jahre lang liefen auf dem ehemaligen Industriegelände in Hannover Gummireifen vom Band – nun entsteht hier ein neues Wohnquartier für bis zu 3.500 Menschen. Diesen Wandel begleiten Volontäre der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung über mehrere Jahre mit dem preisgekrönten Multimedia-Projekt „Hannovers Wasserstadt“.
Im Juli 2016 startete der Blog. Die Volontäre erzählen dort die Geschichte des Geländes, dokumentieren die Baufortschritte und stellen die neuen Bewohner des Areals vor. Linda Tonn war von Herbst 2015 bis September 2017 Volontärin bei der HAZ und hat den „Wasserstadt“-Blog mit aufgebaut. Die Redakteurin erzählt, wie solch ein langfristiges Projekt sie als Journalisten bereichert hat.
Interview mit Linda Tonn von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung
Du hast den Blog von der ersten Stunde an mit aufgebaut. Wie hat sich das Projekt seitdem entwickelt?
Es wird von Tag zu Tag spannender. Als wir anfingen, gab es die Pläne für ein neues Wohnquartier, aber auf der Baustelle tat sich noch nichts. Als wir damals das erste Mal auf dem Gelände waren, war das einfach eine Industriebrache. Zu Beginn war es mühsam Themen zu finden, weil eben nicht so viel passiert ist.
Daher widmeten wir uns zuerst der Historie des Geländes und blickten zurück. Seitdem der erste Bauabschnitt vorbereitet wird, beginnt die Wasserstadt zu wachsen und demnächst ziehen die ersten Bewohner dort ein. Der Blog erzählt nun mehr Geschichten aus dem Wohngebiet, zukünftige Bewohner kommen zu Wort und er zeigt, wie der Stadtteil lebendig wird.
Warum habt ihr euch entschieden, das Projekt „Wasserstadt“ multimedial aufzubereiten?
Es ist sinnvoll, ein so großes und langjähriges Bauvorhaben umfangreich mit Text, Video, Grafiken und Fotos festzuhalten. Außerdem bietet ein Blog die Möglichkeit, auch neue Erzählformen auszuprobieren. Dort bereiten wir fortwährend alles Wichtige rund um das Bauprojekt auf, sprechen mit Politikern, den Bauherren, mit den künftigen Bewohnern und der Bürgerinitiative, die sich für eine Überarbeitung des Bauplans eingesetzt hat. Ihre Geschichten und alle neuen Entwicklungen erzählen wir auf dem Blog, aber auch in der Zeitung.
Themen planen, Videos drehen, digital publizieren
Wie sieht die Aufgabenverteilung im Volontärs-Team aus?
Der Wasserstadt-Blog ist ein Projekt von allen Volontären der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Hauptverantwortlich ist stets der Volontär, der gerade in der Lokalredaktion in Hannover arbeitet. Die Themen planen und verteilen wir gemeinsam. Zusätzlich schreibt jeder auch mal kleinere Geschichten und bringt neue Ideen in den Blog ein.
Das Schöne ist, dass wir sehr viel ausprobieren können. Wenn jemand zum Beispiel Lust hat, ein Video zu drehen oder mehr zu fotografieren, probiert er einfach verschiedene journalistische Darstellungsformen aus.
Hier geht’s zum Multimedia-Projekt „Hannovers Wasserstadt“ von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.
Was interessiert dich besonders an dem Projekt?
Mich reizt vor allem, dass ich dieses Thema umfassend begleiten und darüber berichten konnte. Als Volontärin durchlief ich viele verschiedene Redaktionen, wodurch ich Themen meist nur für eine kurze Phase betreut habe. Die Wasserstadt ist hingegen ein fortlaufendes Projekt, das auf mehrere Jahre ausgelegt ist – quasi als ein eigenes Redaktionsteam.
Zudem bearbeitete ich Themen, mit denen ich vorher gar keine Berührung hatte. Ich schaute mir beispielsweise Baupläne an und sprach mit Experten über Ansätze bei der Stadtentwicklung. Insgesamt war dieses Projekt sehr lehrreich für mich.
Wie war bisher die Resonanz von den Bürgern der Stadt, den Behörden?
Wirklich sehr positiv. Ich habe einmal darüber geschrieben, warum das Industrieareal und seine Ruinen für junge Leute – vor allem Instagrammer – so interessant ist. Daraufhin meldete sich eine ältere Leserin, die früher bei Continental auf dem Gelände gearbeitet hat.
Ich habe mich mit ihr dort getroffen und wir sind über das Gelände geschlendert. Es war sehr schön für sie ihren alten Arbeitsplatz zu sehen, sie schwelgte dabei in Erinnerungen und erzählte viele Anekdoten zum Areal.
Für das Projekt wurdet ihr mit dem Ludwig Erhard Preis und den Medienpreis der Bundesarchitektenkammer ausgezeichnet. Das ist schon ein schönes Lob, oder?
Ja, das ist auf jeden Fall eine sehr schöne Anerkennung. Mich motiviert, dass unserer Arbeit anscheinend auch außerhalb von Hannover auf Interesse stößt. Wir haben unseren Blog bereits verschiedenen Zeitungsmachern präsentiert.
Anschließend kam ein Journalist aus Süddeutschland auf uns zu und sagte: „Ah, wir haben auch ein Bauprojekt bei uns in der Stadt. Finde ich spannend, wie ihr das angeht.“ Das bestätigte uns, dass wir eine moderne Form von Lokaljournalismus gewählt haben, die nicht nur Leser anspricht, sondern anscheinend auch andere inspiriert.
Weitere Beispiele für die journalistische Arbeit im Volontariat bei der MADSACK Mediengruppe gibt es auf der Seite Volontariat Redaktion.